Hannover: Übergriffe in der Innenstadt

In den letzten Wochen ist es in der Innenstadt von Hannover mehrfach zu Angriffen, von Neonazis der „Aktionsgruppe Hannover“ und deren Umfeld, auf politisch Andersdenkende gekommen.

Am Mittwoch den 27.01.16 haben mehrere Neonazis, bewaffnet mit Quarzsandhandschuhen, eine Personengruppe, vor Galeria Kaufhof, erst beleidigt und später tätlich angegriffen. Es ist zu einer größeren Auseinandersetzung gekommen in dessen Folge die Polizei mehrere Personen kontrollierte und deren Personalien feststellte.

Am darauf folgenden Freitag hat die selbe Gruppe von Neonazis erneut die Personengruppe angegriffen. Die Angegriffenen wurden von Galeria Kaufhof mit Schlägen und Tritten bis zum Kröpcke gejagt. Dort mischten sich Passanten ein um die Angegriffenen zu unterstützen. Im Laufe der Auseinandersetzungen am Kröpcke soll Laura B., führendes Mitglied der „Aktionsgruppe Hannover“, ein Messer gezogen und zugestochen haben. Bereits eine Woche zuvor, haben Personen aus dem Umfeld der „Aktionsgruppe“ einen Obdachlosen Punker angegriffen, der dabei verletzt wurde.

Bei den Angriffen sollen Laura B., Patrick I. und Marcel H., alle Mitglieder der „Aktionsgruppe Hannover“ beteiligt gewesen sein. Die „Aktionsgruppe“ trat am 02.09.15 zum ersten mal mit einem Gruppenfoto bei Facebook auf. Zuerst nannten sie sich „Sauberes Hannover“ und wollten Parks und Spielplätze von Müll säubern. Nachdem die „Neue Presse“ berichtete und die Gruppe als Nachfolgeorganisation der verbotenen Neonazigruppierung „Besseres Hannover“ darstellte, nannten sie sich in „Aktionsgruppe Hannover“ um. Inzwischen versucht die „Aktionsgruppe“ ihre offen neonazistischen Positionen nicht mehr zu verheimlichen. So ist auf der Facebookseite seit kurzem ein Logo der „Nationalen Sozialisten / Bundesweite Aktion“ zu sehen.

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(Screenshot der Facebooktseite der „Aktionsgruppe Hannover“ / 24.02.16)

Laura B., die als führendes Mitglied auch die Facebookseite der Gruppe betreut, ist außerdem im Organisationsteam der fremdenfeindlichen „Pegida Hannover“ aktiv. Ihr aktueller Freund Patrick I. war bereits in der NPD aktiv, ist wegen Vergewaltigung vorbestraft und wurde erst kürzlich zu Neun Monaten Haft, aufgrund eines rassistischen Angriffs, verurteilt. Bis vor kurzem war auch er regelmäßiger Teilnehmer bei Pegida Hannover. Auch Marcel H. ist dort regelmäßig anzutreffen.

Weiterhin sollen aus dem Umfeld der Gruppe der Bruder von Marcel H., Dennis H., und Jan H. mit seiner Freundin an den Angriffen beteiligt gewesen sein. Seit Beginn dieses Jahres taucht auch  Dennis H. regelmäßig bei den „Abendspaziergängen“ von Pegida Hannover auf. Der sechzehnjährige Jan H. ist dem Umfeld von „Gemeinsam sind wir Stark“, einer Abspaltung von „HoGeSa“, zuzuordnen. Er war zudem an dem rassistischen Angriff von Patrick I. beteiligt.

Dies ist nur ein Auszug der Aktivitäten der letzten Wochen. Die „Aktionsgruppe Hannover“ ist eine gewaltbereite und neonazistische Gruppierung die inzwischen auch nicht mehr vor tätlichen Angriffen mitten in der Innenstadt zurückschreckt.

Hannover: Prozessbericht

Am Donnerstag fand vor dem Landgericht Hannover der dritte Verhandlungstag im Prozess gegen die mutmaßlichen Brandstifter*innen einer Wohnung, in der Geflüchtete wohnen, in Salzhemmendorf statt.

Zu Beginn wurde ein bereits am zweiten Verhandlungstag von der Verteidigung gestellter Antrag auf Aussetzung des Prozesses vom Richter abgelehnt. Die Verteidigung hatte darin vier Anwälten der Nebenklage vorgeworfen, ohne das Wissen ihrer Mandanten am Prozess teilzunehmen. Die besagten Nebenkläger hatte alle ihr Mandat zurückgezogen, weswegen der Richter keinen weiteren Anlass für eine Aussetzung sah.

Für den Tag waren insgesamt drei Zeugen, alle drei für politisch motivierte Verbrechen zuständige Polizeibeamten aus Hameln, geladen. Diese sollten über die Aussagen und Geständnisse der Beschuldigten direkt nach der Tat berichten.

Die beiden Angeklagten Sasha D. und Dennis L. gaben in ihren Vernehmungen direkt nach der Tat jeweils an, gemeinsam in der Garage des Angeklagten L. einen Molotow Cocktail gebaut zu haben. Ein Gespräch über die rassistischen Krawalle in Heidenau und das hören von Rechtsrock habe die beiden in Kombination mit starkem Alkoholkonsum „hochgeschaukelt“.

Neben dem Tathergang versuchten sowohl der Richter als auch die Nebenkläger vor allen Dingen Informationen über die politischen Einstellungen der Angeklagten zu erfahren. Nach intensiver Nachfrage der Nebenkläger berichtete einer der befragten Staatsschützer, über die Tätowierungen des Angeklagten Dennis L.. Auf der linken Brust hat er ein Wikingerschiff und eine Odalrune und auf dem rechten Arm einen Wikinger und einen Totenkopfring tätowiert. Die Odalrune war sowohl Zeichen einer SS-Division als auch Zeichen der Anfang der 1990er Jahre verbotenen Wiking-Jugend. Der Totenkopfring war ebenfalls ein Erkennungszeichen der SS. Warum diese Tätowierungen, die bei der Erkennungsdienstlichen Behandlung fotografiert wurden, nicht in den Akten erschienen, konnte der befragte Beamte sich nicht erklären.

Der Beschuldigte Sasha D. war dem vernehmenden Beamten schon aufgrund zweier Ermittlungen wegen der Nutzung von verfassungsfeindlichen Symbolen bekannt. Auf die Frage welche Musik vor der Tat gehört wurde, hatte der Angeklagte D. die Bands „Landser“ und „Divison Germania“ genannt. Er gab an: „Musik und Alkohol haben uns hochgepusht. Ich weiß, dass die Texte ausländerfeindlich sind“. Nach der Festnahme fanden die Beamten im Portmonee des Angeklagten außerdem einen Zettel mit einem Link zu einem „Thor-Steinar“-Onlineshop.

Interessant wurde es, als der dritte Zeuge, der die Angeklagte Saskia B. verhört hatte, berichtete. Während sich die beiden anderen Angeklagten, laut eigener Aussage, aufgrund ihres hohen Alkoholkonsums an einen Großteil der Gespräche nicht mehr erinnern konnte, gab die Beschuldigte B., die zur Tatzeit nüchtern war klare Aussagen zu den Gesprächen. So sollen Sasha D. und Dennis L. das Fenster, in das der Molotow Cocktail flog, bewusst ausgewählt haben, da das danebenliegende Zimmer ein Badezimmer sei. Vorher hatten die beiden angegeben, dass sie das Fenster nicht auswählten, weil sie dahinter ein Schlafzimmer vermuteten. Nachdem Dennis L. den Brandsatz warf und ins Auto zurückkehrte, soll er zu Sasha D. folgenden Satz gesagt haben: „Der ging Mitten durch“. Anschließend haben beide laut Aussage der Angeklagten lange und herzhaft gelacht. Außerdem soll er der Angeklagten auf dem Rückweg noch „Wenn hier ein Neger stirb, dann feiern ich richtig“ gesagt haben.

Doch auch die Angeklagte Saskia B. schien etwas zu verbergen. Auf Nachfrage sagte sie in der Vernehmung aus, die Band Kategorie C, die am besagten Abend in der Garage des Angeklagten Dennis L. gehört wurde nicht zu kennen. Auf ihrer Facebookseite hat sie allerdings den Sänger der Band, Hannes Ostendorf, geliket. Auch ein Whatsapp-Verlauf mit ihren Mutter, indem diese am Tag nach der Tat fragt „was habt ihr denn da in Salzhemmendorf schon wieder angestellt habt, Molotow Cocktail in ein Flüchtlingsheim?“, inklusive eines lachenden Smileys und die Antwort „Ich hab heia gemacht, aber schadet ja nichts“ lassen die Aussagen der Angeklagten sie hätte kein rechtes Gedankengut sehr fadenscheinig wirken.

Am Ende des Verhandlungstages wurden ein weiterer Termin für die Hauptverhandlung gefunden, da die zuerst angesetzten Termine wohl nicht ausreichen werden. Außerdem stellten sowohl die Verteidigung als auch die Nebenkläger diverse Anträge zu weiteren Zeugen die geladen werden sollen. Ob diese alle angenommen werden ist noch offen.

Die Verhandlung wird wie geplant am Freitag den 26.02. um 9 Uhr und zusätzlich am Montag den 29.02 um 8 Uhr fortgesetzt. Am 04.03. soll um 13 Uhr das Urteil verkündet werden.

Barsinghausen: Bürgerversammlung

Der Einladung der Stadt Barsinghausen, zur Informationsveranstaltung zur geplanten Unterkunft für Geflüchtete am Donnerstag, folgten etwa 500 Menschen. Überwiegend wurde sich positiv zur Unterbringung von Geflüchteten geäußert, das war zu Beginn der Veranstaltung noch nicht absehbar.

Kaum am Veranstaltungsort angekommen, drückte einem auch schon Hartmut Stoehr (auch im „Arbeitskreis der Anwohner der Straßen am Hallenbad“ aktiv) einen ein Flyer in die Hand. Darin dementiert er in der AfD zu sein und bezeichnet die Medien als „Schwindelmedien“, welches er laut eigener Aussage als Synonym für „Lügenpresse“ nutze.

Zu Beginn hielt der Bürgermeister eine Rede, in der er die aktuelle Situation beschrieb. Bisher sind 600 Geflüchtete in Barsinghausen dezentral untergebracht. Weitere dezentrale Unterbringung sei nun nicht mehr möglich, dennoch sollte einen menschenwürdige Unterbringung geschaffen werden.

Direkt im Anschluss wurde die Diskussion für’s Publikum geöffnet. Zu Beginn ergriffen viele Bürger*innen, die dem Bau „negativ“ gegenüberstehen, das Wort. Eine Anwohnerin berichtete von ihren Ängsten. Ein weiterer klagte die intransparenten Entscheidungsprozesse an. Dieser „Argumentation“ bedienten sich schon die „besorgten Bürger*innen“, die eine Versammlung am vergangenen Freitag abhielten und am folgenden Tag eine Kundgebung auf dem Gelände der zukünftigen Unterkunft machten (wir berichteten). Die Wortbeiträge erhielten sowohl Zustimmung als auch Ablehnung. Zu diesem Zeitpunkt waren die “pro“ und „contra“ Stimmen ausgeglichen.

Durch Entkräften der „Argumente“ durch Teilnehmende des Podium und durch Beiträge für die Unterkunft, verstummten die „Gegner*innen“. Nach und nach verließen sie still und „heimlich“ den Saal. Drei Frauen muslimischen Glaubens haben, nachdem eine Frau Verallgemeinerung und Vorurteile gegenüber dem Islam hervorbrachte, über ihren Lebensweg berichtet und stellten die Frage, ob sie nicht integriert sein? Des Weiteren sprachen sich die Schulleiterin des Hannah-Arendt-Gymnasiums, die Leiterin der Lisa-Tetzner-Schule (LTS) und eine Person des Schulelternrat der LTS für die Unterbringung von Geflüchteten aus und verurteilten scharf, dass Schüler*innen auf dem Schulweg angesprochen worden sein, um sie vor den zukünftigen Bewohner*innen der Unterkunft für Geflüchtete zu warnen.

Aus der Facebookgruppe „Barsinghausen sagt NEIN zum Asylantenheim“ die 298 Mitglieder hat, waren ca. 10 Personen anwesend. Niemand von ihnen ergriff das Wort, was daran liegen könnte, dass sie merkten das es dort keinen Platz für ihre rassistische Hetze gab. In der Gruppe wurde direkt nach Ende der Veranstaltung Verschwörungstheorien geäußert. Der Nutzer „Peter Charly Von Schulz“ schrieb: „Thomas habt ihr Bekannte aus Basche unter den anderen ( Zuschauern ) gesehen ,ich befürchte das dort wieder gekaufte Jasager hingekarrt wurden wie bei der Demo […] weil das ja deren Art ist Bewohner zu beeinflussen…“.

Hardegsen: Kundgebung gegen Rassismus

Hardegsen: In der Kleinstadt nahe Göttingen haben gestern etwa 150 Menschen an einer Kundgebung gegen Rassismus teilgenommen. In Redebeiträgen von verschiedenen Organisationen und Initiativen wurde übereinstimmend zur Solidarität mit Geflüchteten aufgerufen. Zwischen den Beiträgen spielte ein Künstler Musik und gegen die Kälte gab es Kaffee und Tee.

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Anlass der Kundgebung – Am vergangenen Wochenende haben bisher Unbekannte rechte Sticker an eine von Geflüchteten bewohnten Wohnung verklebt und eine Scheibe zerschlagen – an dem zersplitterten Glas verletzte sich einer der Anwohner*innen.

Die Mehrheit der Anwohner*innen der Kleinstadt verurteilen den Anschlag und sind der Idee einer Kundgebung über positiv gestimmt. In Hardegsen leben vereinzelt auch Neonazis, die Kontakte zum „Freundeskreis Thüringen / Niedersachsen“ pflegen – einem „Netzwerk“ von extrem rechten Gruppen. Diese organisieren die regelmäßig, sonntags stattfinden Kundgebungen in Northeim, Lindenau, Duderstadt, Neustadt und anderen Städten in der Region.

Hannover: Demo gegen die Kriminalisierung des UJZ Korn

Am Freitag Abend demonstrierten in Hannover ca. 1200 Menschen gegen die Kriminalisierung des UJZ Kornstraße und gegen das Verbot der PKK. Die Demonstration startete am Steintorplatz und führte nach einer Schleife durch die Innenstadt über den Klagesmarkt in die Nordstadt bis vor das UJZ Kornstraße.

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Anlass der Demonstration war eine Razzia im Unabhängigen Jugendzentrum Kornstraße am Vortag. Dabei beschlagnahmte die Polizei Flyer und Poster auf denen sich gegen das Verbot der PKK ausgesprochen wird sowie mehrere Computer. Dem Vereinsvorstand wird die Unterstützung der kurdischen Arbeiterpartei und damit ein Verstoß gegen das Vereinsrecht vorgeworfen.

Die Demonstration wurde von Beginn an von einem enormen Polizeiaufgebot begleitet. Neben Reiter- und Hundestaffeln waren auch mehrere Wasserwerfer bereitgestellt. Besonders vor der Polizeiwache in der Herschelstraße und vor dem türkischen Konsulat an der Christuskirche war die Polizei mit einem massiven Aufgebot im Einsatz.

Die Demonstration wurde sowohl von deutschen als auch kurdischen linken Gruppen organisiert. Mit Parolen, wie „Von Hannover bis nach Rojava – Weg mit dem Verbot der PKK“, forderten die Demonstrationsteilnehmer*innen ein Ende der Kriminalisierung der PKK in Deutschland. In mehreren Redebeiträgen wurde die Razzia in der Kornstraße außerdem als „unverhältnismäßig“ und „völlig überzogen“ beschrieben.