Hannover: Prozessbericht

Am Donnerstag fand vor dem Landgericht Hannover der dritte Verhandlungstag im Prozess gegen die mutmaßlichen Brandstifter*innen einer Wohnung, in der Geflüchtete wohnen, in Salzhemmendorf statt.

Zu Beginn wurde ein bereits am zweiten Verhandlungstag von der Verteidigung gestellter Antrag auf Aussetzung des Prozesses vom Richter abgelehnt. Die Verteidigung hatte darin vier Anwälten der Nebenklage vorgeworfen, ohne das Wissen ihrer Mandanten am Prozess teilzunehmen. Die besagten Nebenkläger hatte alle ihr Mandat zurückgezogen, weswegen der Richter keinen weiteren Anlass für eine Aussetzung sah.

Für den Tag waren insgesamt drei Zeugen, alle drei für politisch motivierte Verbrechen zuständige Polizeibeamten aus Hameln, geladen. Diese sollten über die Aussagen und Geständnisse der Beschuldigten direkt nach der Tat berichten.

Die beiden Angeklagten Sasha D. und Dennis L. gaben in ihren Vernehmungen direkt nach der Tat jeweils an, gemeinsam in der Garage des Angeklagten L. einen Molotow Cocktail gebaut zu haben. Ein Gespräch über die rassistischen Krawalle in Heidenau und das hören von Rechtsrock habe die beiden in Kombination mit starkem Alkoholkonsum „hochgeschaukelt“.

Neben dem Tathergang versuchten sowohl der Richter als auch die Nebenkläger vor allen Dingen Informationen über die politischen Einstellungen der Angeklagten zu erfahren. Nach intensiver Nachfrage der Nebenkläger berichtete einer der befragten Staatsschützer, über die Tätowierungen des Angeklagten Dennis L.. Auf der linken Brust hat er ein Wikingerschiff und eine Odalrune und auf dem rechten Arm einen Wikinger und einen Totenkopfring tätowiert. Die Odalrune war sowohl Zeichen einer SS-Division als auch Zeichen der Anfang der 1990er Jahre verbotenen Wiking-Jugend. Der Totenkopfring war ebenfalls ein Erkennungszeichen der SS. Warum diese Tätowierungen, die bei der Erkennungsdienstlichen Behandlung fotografiert wurden, nicht in den Akten erschienen, konnte der befragte Beamte sich nicht erklären.

Der Beschuldigte Sasha D. war dem vernehmenden Beamten schon aufgrund zweier Ermittlungen wegen der Nutzung von verfassungsfeindlichen Symbolen bekannt. Auf die Frage welche Musik vor der Tat gehört wurde, hatte der Angeklagte D. die Bands „Landser“ und „Divison Germania“ genannt. Er gab an: „Musik und Alkohol haben uns hochgepusht. Ich weiß, dass die Texte ausländerfeindlich sind“. Nach der Festnahme fanden die Beamten im Portmonee des Angeklagten außerdem einen Zettel mit einem Link zu einem „Thor-Steinar“-Onlineshop.

Interessant wurde es, als der dritte Zeuge, der die Angeklagte Saskia B. verhört hatte, berichtete. Während sich die beiden anderen Angeklagten, laut eigener Aussage, aufgrund ihres hohen Alkoholkonsums an einen Großteil der Gespräche nicht mehr erinnern konnte, gab die Beschuldigte B., die zur Tatzeit nüchtern war klare Aussagen zu den Gesprächen. So sollen Sasha D. und Dennis L. das Fenster, in das der Molotow Cocktail flog, bewusst ausgewählt haben, da das danebenliegende Zimmer ein Badezimmer sei. Vorher hatten die beiden angegeben, dass sie das Fenster nicht auswählten, weil sie dahinter ein Schlafzimmer vermuteten. Nachdem Dennis L. den Brandsatz warf und ins Auto zurückkehrte, soll er zu Sasha D. folgenden Satz gesagt haben: „Der ging Mitten durch“. Anschließend haben beide laut Aussage der Angeklagten lange und herzhaft gelacht. Außerdem soll er der Angeklagten auf dem Rückweg noch „Wenn hier ein Neger stirb, dann feiern ich richtig“ gesagt haben.

Doch auch die Angeklagte Saskia B. schien etwas zu verbergen. Auf Nachfrage sagte sie in der Vernehmung aus, die Band Kategorie C, die am besagten Abend in der Garage des Angeklagten Dennis L. gehört wurde nicht zu kennen. Auf ihrer Facebookseite hat sie allerdings den Sänger der Band, Hannes Ostendorf, geliket. Auch ein Whatsapp-Verlauf mit ihren Mutter, indem diese am Tag nach der Tat fragt „was habt ihr denn da in Salzhemmendorf schon wieder angestellt habt, Molotow Cocktail in ein Flüchtlingsheim?“, inklusive eines lachenden Smileys und die Antwort „Ich hab heia gemacht, aber schadet ja nichts“ lassen die Aussagen der Angeklagten sie hätte kein rechtes Gedankengut sehr fadenscheinig wirken.

Am Ende des Verhandlungstages wurden ein weiterer Termin für die Hauptverhandlung gefunden, da die zuerst angesetzten Termine wohl nicht ausreichen werden. Außerdem stellten sowohl die Verteidigung als auch die Nebenkläger diverse Anträge zu weiteren Zeugen die geladen werden sollen. Ob diese alle angenommen werden ist noch offen.

Die Verhandlung wird wie geplant am Freitag den 26.02. um 9 Uhr und zusätzlich am Montag den 29.02 um 8 Uhr fortgesetzt. Am 04.03. soll um 13 Uhr das Urteil verkündet werden.