Zum zweijährigen Bestehen des „Bürgerprotest Hannover“, zeigte sich, dass derzeitige Mobilisierungspotential selbiger: Am Abend sammelten sich etwa 65 Rassist*innen und Neonazis auf dem Georgsplatz. Bei der ersten Veranstaltung am 12.01.2015 waren es noch knapp 200; damals noch unter dem Namen „Hannover gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Hagida). Organisiert wurde die erste Versammlung unter anderem von Anhängern der extrem rechten „Identitären Bewegung“. Einige Namensänderungen und etwas mehr als 40 Veranstaltungen später: kristallisierte sich ein harter Kern von 20-30 Rassist*innen und Neonazis heraus, die Veranstaltung für Veranstaltung teilnehmen. Darüberhinaus ist die Mobilisierungsfähigkeit mehr als gering. Selten nur kamen in den vergangenen Wochen und Monaten neue Gesichter hinzu.
Immer wieder distanzierte sich das Organisationsteam um Sascha Perschke von der extremen Rechten – ein reines Lippenbekenntnis. Wie in den vergangenen Monaten zeichnete sich auch heute ein anderes Bild: organisierte Neonazis unter den Teilnehmenden und Rechtsrock aus der Lautsprecheranlage. Carlo G. aus Burgdorf, ehemaliges Mitglied des Orgateams vom Bürgerprotest, besuchte nach monatelanger Abwesenheit mal wieder den „Abendspaziergang“. Er ist Anhänger der rechtsextremen und gewaltbereiten Gruppierung „Gemeinsam Stark Deutschland“ (GSD) – wo er in die Organisationsstrukturen eingebunden ist. G. übernahm beim Aufmarsch von GSD am 09.04.2016 in Magdeburg Ordneraufgaben. Bei den weiteren GSD-Versammlungen in Dortmund und Erfurt war er jeweils als Teilnehmer vor Ort. Ein weiterer Neonazis unter den heutigen Teilnehmenden in Hannover war Holger Weidner aus Goslar. Dieser nimmt regelmäßig an rassistischen und neonazistischen Demonstrationen im gesamten Bundesgebiet teil. Am Wochenende erst war er auf einem nationalistischen Aufmarsch in Berlin. Zudem absolvierte er im letzten Jahr Übungen mit militärischem Charakter und lernte den Umgang mit scharfen Waffen (wir berichteten). Holger List von der antimuslimischen Wählergemeinschaft „Die Hannoveraner“ suchte im Laufe der Kundgebung immer wieder Kontakt zum Neonazi aus dem Harz.
Zwischen Redebeitrag und „Spaziergang“ spielten sie zur Einstimmung das Lied „HuHaAntifa“ von der aufgelösten hannoverschen Rechtsrockband „Nordfront“. Anschließend liefen sie unter neonazistischen Parolen ihre übliche Route. Mit weiteren Veranstaltungen des „Bürgerprotest“ ist in den kommenden Wochen zu rechnen. Die amüsant anmutenden Videos von Perschke und die Redebeiträge auf den Versammlungen weisen auf einen Verlust zur Realität hin, weshalb auch kein Ende des „Bürgerprotest“ in Sicht scheint. Immer wieder ist die Rede davon, man würde die Politik aufmischen. Trotz stagnierender Anzahl von Teilnehmenden, glaubt Perschke das Volk zu repräsentieren. Ihm und die anderen Organisator*innen und Teilnehmenden geht jeglicher Bezug zur Realität ab. Trotz rassistischer Hetze in sozialen Netzwerken und rassistischer Stimmungsmache durch die AfD, gelang es dem „Bürgerprotest“ nicht die steigende rassistische Stimmung für sich zu nutzen. Es ist nicht davon auszugehen, dass ihnen das in den nächsten Monaten gelingen wird, weshalb sie weiterhin unter sich bleiben werden. So bleibt es auch Zukünftig eine Selbsthilfegruppe für Neonazis und Rassist*innen, wo sie sich unter Gleichgesinnten bewegen, bestätigen und bestärken können.
Weitere Bilder folgen.