Im Laufe des Donnerstagvormittags wurde die Eleonorenstraße in Hannover-Linden, in der auch der hannoversche Oberbürgermeister Stephan Schostok wohnt, als Protestaktion von Unbekannten in die Halim-Dener-Straße umbenannt. Damit soll der Forderung nach einem Ort des würdevollen Gedenkens an Halim Dener Nachdruck verliehen werden. Der Protest richtet sich gegen den Oberbürgermeister, der eine durch den Bezirksrat Linden-Limmer beschlossene Platzbenennung nach dem 1994 von einem Polizisten erschossenen kurdischen Jugendlichen zu verhindern versucht.
Im Mai beschloss der Bezirksrat Linden-Limmer, dass ein bisher unbenannter Platz an der Velvetstraße in Linden-Nord nach Halim Dener benannt werden soll. Obgleich der Bezirksrat für die Straßennamen zuständig ist, hatte der Oberbürgermeister Stefan Schostok im Juni die Kommunalaufsicht im Innenministerium angerufen. Diese hat den Beschluss der Platzbenennung geprüft und in einem Schreiben an die Stadt deutlich gemacht, dass sie die Einschätzung des Oberbürgermeisters, einer Ablehnung teile. Sie wolle dem Bezirksrat aber die Möglichkeit zur Stellungnahme geben. Dieser beschloss in seiner gestrigen Sitzung, sich erneut für die Benennung des Halim-Dener-Platzes auszusprechen und eine umfangreiche Stellungnahme zum kommunalaufsichtlichen Prüfungsverfahren beim Landesinnenministerium abzugeben. In einem 19-seitigen Papier stellt der Bezirksrat ausführlich dar warum die Bedenken des OB’s gegen eine Platzbenennung – Aufgabe der städtischen Neutralität bzgl. „innertürkischen Konflikten“ und eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit – unbegründet sein. Die Kampagne Halim Dener, die sich seit Jahren für einen Ort des Gedenken einsetzt, begrüßte „die couragierte Stellungnahme des Bezirksrats“. Aber sie bleiben auch bei ihrer Ankündigung zur diesjährigen Gedenkdemonstration: „Unabhängig davon, was Oberbürgermeister oder Kommunalaufsichten beschließen: Wir werden den Halim-Dener-Platz als Ort des Gedenkens und der Begegnung gestalten“, heißt es auf ihrer Internetseite.
Seit den beiden Beschlüssen des Bezirksrats den Platz zu benennen kam es in den letzten Wochen immer wieder zu kleineren Aktionen rund um den Platz. Zuletzt spielten jugendliche Musiker*innen aus Amed, die derzeit Hannover im Rahmen eines Jugendaustauschs besuchen, ein kleines Konzert auf dem Platz. Im Sommer wurde an einer Mauer auf dem Platz ein Graffiti gesprüht, welches die Platzbenennung bereits symbolisch vollzog. Eine weitere Aktion fand nach dem letzten Saisonspiel des SV Linden 07 statt: Fans des Vereins posierten gemeinsam mit Stefan Schostok hinter einem Transparent auf dem zwischen den Konterfeis von Halim Dener und Oury Jalloh „MURDERED BY GERMAN POLICE“ zu lesen war. Ironisch hieß es später in einem erschienen Bericht zum Gruppenfoto: „In einem klaren Moment erkannte unser Oberbürgermeister den größten Fehler seines Lebens und ihm wurde klar: Halim Dener wurde von einem deutschen Polizisten ermordet.“