Aktivist*innen der Wohnrauminitiative Göttingen besetzten heute das Foyer der Zentralmensa. Grund der Besetzung: Das Studentenwerk Göttingen plant massive Mieterhöhungen in Studierendenwohnheimen.
von Redaktion
Heute endete die vom Studentenwerk Göttingen gesetzte Frist mit Hilfe derer einige Mieter*innen zu neuen Mietverträge gezwungen werden sollten. Mit diesen geht eine Mieterhöhungen von bis zu 50% einher. Zeitgleich zur Eröffnung eines symbolischen Wohnzimmers im Foyer der Zentralmensa hängten andere Studierende ein Transparent vom Balkon der Zentralmensa mit der Aufschrift „Bezahlbaren Wohnraum erhalten – H9, Gosse, Überall!“.
Die Aktivist*innen richteten sich ein: Neben einem großen Teppich und mehreren Stehlampen wurden zahlreichen Sofas, Tische und Stühle aufgebaut und so in kürzester Zeit das kalte Mensa-Foyer in ein gemütliches Wohnzimmer verwandelt. Parallel verteilten Studierende Flyer um auf die Mieterhöhungen aufmerksam zu machen. Betroffen sind von den in der Wohnrauminitiative organisierten Wohnheimen die Hausgemeinschaften Humboldtallee 9 und Goßlerstraße 17/17a.
Anne Hagedorn, Sprecherin der Wohnrauminitiative erklärte: „Wir werden dem sanierungsfaulen Studentenwerk nicht ihre miss-wirtschaftlichen Versäumnisse bezahlen und damit die Vernichtung bezahlbaren Wohnraums zulassen.“
Seit Jahrzehnten kümmern sich die Mieterinnen und Mieter der Wohnheime Humboldtalle 9 und Goßlerstraße 17/17a selbst um den baulichen und kulturellen Erhalt der Häuser. Die angekündigten Mieterhöhungen würden diese besondere Wohnkultur zerstören.
Zum neuen Jahr führte das Studentenwerk neben einer moderaten allgemeinen Mieterhöhung von 3,00 € pro Wohnheimplatz die Regelung ein, dass übliche Wohnzeitverlängerungen nur noch durch Unterzeichnung von Neumietverträgen bewilligt werden. Diese Neumietverträge beinhalten seit dem 01.01.2017 um bis zu 50% höhere Mieten. Zur Mitte des Jahres 2017 sind weitere umfangreiche Mieterhöhungen angekündigt.
Mitte Dezember erreichte alle zu verlängernden Bewohnerinnen und Bewohner des Studentenwerks ein Schreiben, in welchem zur Unterzeichnung eines neuen Mietvertrages innerhalb von sieben Tagen aufgefordert wurde. Andernfalls ginge man davon aus, dass an einem weiteren Wohnen im Studentenwerk kein Interesse mehr bestehe.
„Von den Mieterhöhungen erfuhren wir erst, als uns in der Wohnheimverwaltung die neuen Verträge vorgelegt wurden. Wir haben diese neuen Mietverträge nicht unterschrieben, denn Sie hätten zur Konsequenz, dass zahlreiche unserer Mitbewohnerinnen und Mitbewohner entweder ihr Studium durch Aufnahme von Nebentätigkeiten deutlich hätten einschränken müssen oder gar ihr Studium und damit den Wohnheimplatz im Studentenwerk hätten aufgeben müssen.“, berichtete Hagedorn weiter.
Angesichts der Unsicherheit der die Mieterinnen und Mieter sich auf Grund von spontanen Mieterhöhungen und knappen Fristen seitens des Studentenwerks ausgesetzt sehen, fordern sie, ihre Mietform in Kollektivmietverträge zu überführen, wie das in zahlreichen anderen kleinen Wohnheimen seit Jahrzehnten praktiziert wird.
„Die einführung von Kollektivmietverträgen für unsere Wohnheime betrachten wir als überfällige Anerkennung unserer ohnehin bereits bestehenden Wohnform“, forderte Hagedorn.
Im vergangenen Jahr kam Tobias Klinge in seiner Bachelorarbeit zu dem Schluss, dass in Göttingen keine Wohnungsnot herrsche – wohl aber bezahlbarer Wohnraum immer knapper wird. Diese Entwicklung würde durch die Erhöhung der Mietpreise in Studierendenwohnheimen massiv vorangetrieben werden. Die Mietpreise in Göttingen sind die höchsten in ganz Niedersachsen. Auch die Segregation in Göttingen hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, so das Fazit der Studie. Segregation – die räumliche Trennung von bestimmten Bevölkerungsgruppen; Reiche unter Reichen, Arme unter Armen.