via OM10
Der Pressetermin der Stadt Göttingen am 10.05.16 zur Vorstellung der Massenunterkunft im Gewerbegebiet Siekhöhe (Anna-Vandenhoeck-Ring), zu dem auch Verteter*innen des Ausschusses für Soziales und Gesundheit geladen waren, wurde von entschlossenen Protesten begleitet.
Rund 15 Aktivist*innen zeigten in der Einfahrt mit Transparenten, Kunstblut und einer Blockade, dass eine Unterbringung von Geflüchteten in der Lagerhalle nicht hinnehmbar ist. Vier Bewohner der Unterkunft Große Breite in Weende, die in Lagerhalle Siekhöhe verlegt werden sollen, wollten sich ein Bild von der Massenunterkunft machen. Ihnen wurde eine Teilnahme an der Veranstaltung verwehrt. Auf ihre Fragen an Oberbürgermeister Köhler ging dieser nicht ein, er ließ sich in seiner Limousine an den Geflüchteten kommentarlos vorbei fahren.
Die Lagerhalle im Gewerbegebiet ist nahe der Autobahn gelegen, gegenüber ist ein Betonwerk. Die Halle hat keine Fenster, die gebauten Parzellen sind nicht durch Decken abgeschlossen und das Gelände ist vollständig umzäunt. Eine Teilnehmer*in der offiziellen Führung erwähnte am Ende, dass ein Leben dort „nicht vorstellbar“ sei. Doch ungefähr 200 Geflüchtete sollen hier untergebracht werden. Darunter auch Menschen, die bereits in Göttingen eine Unterkunft haben und dort teils 12 Monate von freiwilligen Helfer*innen unterstützt werden. Betroffen sind Geflüchtete aus der ehemaligen Voigtschule am Bürgerring, der Großen Breite in Weende und dem Weißen Haus im Hagenweg. Die Lagerhalle soll bereits ab Mitte Mai belegt werden.
Was auch immer der OB Köhler als Gründe anführt, dass Menschen, die bisher durch Helfer*innen unterstützt werden und im Stadtteil eingebunden sind, nun an den Rand von Göttingen verlegt werden sollen: Dieses unglaubliche Vorgehen lässt sich nur durch eine perfide Agenda erklären. 1. Es geht um Kostenreduktion um jeden(!) Preis, dabei wird u.a. die Gesundheit der Geflüchteten aufs Spiel gesetzt. 2. Die engagierte und qualifizierte Unterstützung von Geflüchteten durch freiwillige Helfer*innen soll unterbunden werden, da die Helfer*innen angesichts der allseitig unzureichenden bis unzumutbaren Verhältnisse begonnen haben, sich in die politische Debatte einzumischen. 3. Die soziale und räumliche Isolation der Geflüchteten in einem umzäunten Lager schafft günstige Voraussetzungen, effektiv und lautlos abschieben zu können – ein solidarischer Austausch mit Nachbar*innen soll verunmöglicht werden.
Aktivist*innen hatten während der Protestaktion auf die Zufahrt geschrieben: „Willkommenskultur? So nicht!“. Die Massenunterkunft auf der Siekhöhe lässt tatsächlich jede Rede von Göttinger Politiker*innen als zynische Verspottung der betroffenen Geflüchteten erscheinen. Und das zu einem Zeitpunkt, da das „Vernetzungstreffen der freiwilligen Initiativen zur Unterstützung von Geflüchteten“ das Papier „Göttinger Perspektiven – Wohnen und Leben zwischen Asylgesuch und Selbstbestimmung“ vorgelegt hat, in dem dringend notwendige Verbesserungen der Standards angemahnt werden.
Eine unrühmliche Rolle spielt auch der Betreiber der Massenunterkunft, das Deutsche Rote Kreuz. Dieses Lager ist mit einem humanitären Anspruch oder dem Willen, Menschen zu helfen gesund zu werden oder zu bleiben, in keiner Weise vereinbar. Hier werden emotionale Belastungen, soziale Konflikte und Grenzverletzungen absehbar in Kauf genommen.
Die OM10 ruft auf, die Nutzung der Massenunterkunft Siekhöhe und alle Verlegungen dorthin zu verhindern!
Für dezentrales, menschenwürdiges Wohnen! Keine Abschiebungen!